Ein Hauch New York

Ein toller Auftritt des Peter Ehwald Trios im Braunschweiger Jazz- Kulturerbe „Bassgeige“.

Von Klaus Gohlke

Sechs Quadratmeter Fläche auf der Bühne für drei Musiker – Platzangst darf man da nicht haben! Klingt wie eine Zumutung, akzeptabel höchstens für irgendwelche Anfänger, die noch alles in Kauf nehmen.

Aber mit denen hat man es beim Peter Ehwald-Trio nun überhaupt nicht zu tun. Allesamt Spitzenmusiker: Ehwald am Tenor- und Sopransaxofon. Und mit Robert Landfermann am Bass sowie Jonas Burgwinkel am Schlagzeug steht da leibhaftig die angesagteste Jazz-Rhythmusformation Deutschlands vor einem.

Aber es ist ja nicht nur der kleine Bühnenraum, der verwundert. Auch davor liegt nicht gerade die Konzerthalle, die zu füllen wäre. Nein, eine Kneipe nur, wenngleich nicht irgendeine, sondern die „Bassgeige“ in Braunschweig. Was treibt die Musiker hier her? Wussten sie von den Spielbedingungen? Robert Landfermann dazu ohne Umschweife:

„Sie haben ein Kleinod hier. Wir sind auf der Rückreise vom Konzert in Polen nach Köln. Da war es völlig klar, in diesem Jazzklub vorbei zu schauen. Wo gibt es das noch in Deutschland? Diese Atmosphäre, der direkte Publikumskontakt, der Raum mit seinen Plakaten und Bildern! Und dann der Norbert „Bolle“ Boltz, der gegen alle Zeitströmungen stur an seinem Jazzkneipen-Konzept festhält. Das erinnert doch sofort an die legendären New Yorker Clubs der 40er und 50er Jahre! Geldverdienen ist hier nicht das Thema – es geht ums Wohlfühlen!“

Spricht‘s, steigt auf die Bühne, packt seinen großen 5-Saiter und lauscht dem Saxofon-Intro Peter Ehwalds. Es ist eine sehr expressive Musik, die ihren Ausgangspunkt oft in gefühlsträchtigen Alltagserlebnissen des Komponisten hat. Ein furchtbares Klassentreffen, eine ZDF-Vorabendserie zum Thema „Speed-Dating“. Es gibt hier kein Harmonie–Instrument wie etwa das Piano, das mit ein paar Akkorden eine tonale und rhythmische Ordnung herstellt. Nein, hier muss jeder Musiker auf die Tonfolgen, die Skalen achten und sich überlegen, auf welche Noten und dynamischen Vorgaben er wie reagieren will. Das schafft große Offenheit im musikalischen Handeln, eine Unvorhersehbarkeit, verlangt große Flexibilität.

Was da abläuft, lässt sich am ehesten mit einem intensiven Dreier-Gespräch vergleichen. Auf etliche Mundvoll Töne des Saxofons antwortet der Bass, indem er sich hier und da knapp kommentierend einmischt, dazwischen funkt. Dann alles in Grund und Boden tönt oder zart den einen oder anderen Flageolett-Tupfer setzt. Das Schlagzeug hackt dazwischen, geräuschelt dann beflissen zu alledem, schafft schließlich völlig unerwartete Übergänge zu neuen Themen. Ein unglaubliches Verständnis der Musiker untereinander.

Verblüffung und Begeisterung beim Publikum, selbstverständlich Zugaben.